Der Duft fährt mit
Dass die junge Frau an diesem kühlen Freitagabend in den Zug stieg, bemerkten wohl die meisten. Dies lag jedoch nicht an ihrem etwas zu kurzen Rock und auch nicht an ihrem frechen Kurzhaarschnitt. Es lag am Parfum, irgendetwas mit Vanille. Auch den Geschäftsmann bemerkte oder besser gesagt roch man rasch, besonders nachdem er sich seines Vestons entledigt hatte und den Krawattenknopf öffnete. Er hatte wohl einen strengen Tag im Büro hinter sich, womöglich eine schweisstreibende Diskussion mit dem Chef?
Dies sind nur zwei fiktive Beispiele für Situationen, wie sie täglich in öffentlichen Verkehrsmitteln vorkommen. Dabei gibt es nicht nur Körperdüfte, die sich in einem Abteil oder teilweise sogar in einem ganzen Wagen mehr oder weniger unangenehm ausbreiten. Die Liste der mitfahrenden Düfte ist schier endlos. Als Lok- und Tramführer beim RBS habe ich schon allerlei erlebt. Relativ harmlos sind Düfte von Take-Away-Gerichten, ausser man hat selber einen knurrenden Magen und muss daran denken, dass man erst in zwei Stunden Pause hat. Unangenehmer wird es, wenn Alkoholfahnen, trotz Tür, bis in den Führerstand vordringen oder wenn jemand dermassen gekifft hat, dass man als Lokführer jeden noch so kleinen Spalt verflucht, der den Duft nach vorne passieren lässt. Am schlimmsten ist es jedoch, wenn jemand versehentlich in Hundekot tritt und diesen dann, mangels Putzgelegenheit, in den Zug mitnimmt oder, der Klassiker schlechthin, wenn sich jemand übergeben muss.
Immerhin einen Vorteil haben unangenehme Düfte, egal wie voll ein Wagen ist, im Ausbreitungsradius des Dufts hat es meistens genug freie Sitzplätze. Mein Tipp, gelassen Platz nehmen und an Vanille denken!