Der wohl grösste Sandkasten der Stadt Bern
Der Installationsplatz Hirschenpark unterhalb des Berner «Bierhübeli» dient als Ausgangspunkt für den Bau des Zufahrtstunnels zum neuen RBS-Bahnhof. Bevor der Tunnelvortrieb beginnen kann, gibt es noch einiges zu tun.
Unterhalb des Berner «Bierhübeli» unmittelbar an der Tiefenaustrasse liegt der Installationsplatz Hirschenpark. Flächenmässig handelt es sich dabei um den grössten der drei RBS-Installationsplätze. Der mitunter auch als «Wildpark» bezeichnete Baustellenbereich liegt nicht ohne Grund etwas ausserhalb des Bahnhofs. Denn von dort aus wird nicht direkt am eigentlichen RBS-Bahnhof gebaut. Die Baustelle ist vielmehr Ausgangpunkt für den Bau des dafür notwendigen neuen Zufahrtstunnels.
Doch wer jetzt damit rechnet, im Hirschenpark bereits gewaltige bergmännische Tunnelbohrmaschinen und Felsschnittmaschinen anzutreffen, muss sich leider noch etwas gedulden. Die eigentlichen Tunnelvortriebsarbeiten haben noch nicht begonnen. Das wird frühestens ab 2020 geschehen. Denn bevor der Tunnelvortrieb starten kann, muss zuerst eine Grube bis auf das Niveau des bestehenden Tunnels ausgehoben werden. Moment, bestehender Tunnel? Richtig – aber alles der Reihe nach.
Schematische Darstellung der Baugrube Hirschenpark
Graben, graben und nochmals graben
Etwas ungewöhnlich erscheint nämlich die Tatsache, dass sich unterhalb des Hirschenpark bereits ein Tunnel befindet. Der bestehende RBS-Zufahrtstunnel – der sogenannte Schanzentunnel – führt von der Tiefenau kommend in einer Schlaufe und mit leichtem Gefälle unter dem Hirschenpark durch zum heutigen RBS-Bahnhof. Der neue rund 1 km lange Tunnel wird unterhalb des Hirschenparks aus dem bestehenden Schanzentunnel abzweigen, bevor er sich unterhalb des so genannten Eilgutareals (im Bereich der Reitschule) in vier Tunnelröhren aufteilt, welche zum neuen RBS-Bahnhof führen. Die heutige Tunneleinfahrt im ersten Abschnitt Seite Tiefenau bleibt bis zur künftigen Abzweigung in den neuen Tunnel grundsätzlich unverändert, das weiterführende Bahntrassee nach Worblaufen ebenfalls.
Die Wand der Baugrube besteht aus aneinandergereihten Bohrpfählen, welche zusätzlich fest im Erdreich verankert werden.
Bevor die bergmännischen Tunnelarbeiten zum neuen Tunnel beginnen können, muss zuerst die erwähnte Baugrube bis auf die Tiefe des Schanzentunnels erstellt werden. Die Baugrube wird zwischen 15 bis 30 Meter in die Tiefe reichen und eine Gesamtlänge von rund 160 Meter aufweisen. Als Abschluss und Wand der Baugrube dient eine so genannte Bohrpfahlwand. Dazu werden in bestimmten Abständen 9 bis 27 Meter tiefe Löcher in den Boden gebohrt, welche anschliessend armiert und betoniert werden. Dadurch entsteht eine massive Wand, die zusätzlich mit Anker im Erdreich fixiert wird. Würde man alle diese Bohrpfähle aufeinander stellen, ergäbe dies einen Turm mit der 13-fachen Höhe des Fernsehturms auf dem Bantiger.
Betonieren eines Bohrpfahls für die Wand der Baugrube beim Hirschenpark.
Löcher bohren in der Nacht
Der Bau dieser Grube ist eine komplexe Angelegenheit. Viele äusserliche Faktoren können den Ablauf beeinflussen. So kann das ganze Programm auf den Kopf gestellt werden, wenn im Boden plötzlich unerwartete Hindernisse wie beispielsweise Findlinge auftauchen. Dazu kommt, dass unterhalb der Baustelle im Schanzentunnel pro Tag über 520 Züge durchfahren, zu den Stosszeiten sogar alle 75 Sekunden ein Zug. Das erklärt, weshalb einige Bohrarbeiten unmittelbar über dem Schanzentunnel nur in der Nacht während der Zugspausen durchgeführt werden konnten. Ein Dilemma, da Nachtarbeiten für die Anwohnenden störend sein können (und für die Bauarbeiter übrigens auch nicht gerade angenehm sind), eine Sperrung des Tunnels tagsüber hingegen für mehrere Tage massive Einschränkungen für tausende Fahrgäste zur Folge hätte. Doch dank kurzfristig vorgenommen Optimierungen am Bauablauf und einer zügigen Ausführung konnten die Bauarbeiten schliesslich in weniger als einem Drittel der ursprünglich vorgesehenen Nächte abgeschlossen werden.
Bis die Baugrube im Hirschenpark fertiggestellt ist und bis folglich der Tunnelvortrieb beginnen kann, dauert es noch einen Moment, voraussichtlich ungefähr bis 2021. Beeindruckend ist bis dahin erstmal die Menge des Materials, welches alleine durch den Aushub der Baugrube zustande kommt. Würde davon ein quadratischer Turm mit einer Seitenlänge von jeweils einem Meter gebaut, so wäre dieser 10 Mal höher als der Mount Everest im Himalaya.