»Die neue S7« kommt massgeschneidert - Interview mit dem Projektleiter
Der erste Zug für die neue S7 ist derzeit in Produktion bei Stadler in Bussnang. Michael Ryf begleitet die Beschaffung als Projektleiter bereits seit 2014. Wir haben uns über seine Arbeit am Projekt unterhalten.
Michael, seit 2014 arbeitest du an diesem Projekt. Als Novum in der Bahnbranche haben wir von Anfang an unsere Fahrgäste einbezogen. Wie war dieser Einbezug im Rückblick für dich?
Ich denke, wir haben grundsätzlich bereits ein gutes Verständnis für die Bedürfnisse unserer Fahrgäste. Der Einbezug ganz am Anfang hat dies noch einmal geschärft. Und auch der Besuch der Maquette in Bussnang im letzten Jahr hat mir noch einmal viele wertvolle Inputs in Bezug auf die Haltestangen, den Platz, die Beleuchtung usw. gebracht. Und auch ein besseres Gefühl für die Feinheiten. Für mich war das eine sehr wertvolle Erfahrung.
Was sind die Herausforderungen bei solch einem grossen Projekt?
Besonders die Abstimmungen intern und auch mit Stadler waren eine Herausforderung. Wir intern müssen die verschiedenen Ansprüche zwischen Bedürfnissen der Fahrgäste, betrieblichen Elementen und Ansprüchen aus der Instandhaltung in ein Gleichgewicht bringen. Der Platz ist begrenzt und so mussten wir uns immer wieder entscheiden, ob wir z.B. eine Wagentrennwand drei Zentimeter weiter nach innen setzen und damit den Fahrgästen Platz wegnehmen, oder ob wir die Apparatekasten etwas schmaler machen und es damit den Kollegen im Depot erschweren, Kabel oder andere Verschleissteile zu ersetzen. Ein ständiges Suchen nach dem Kompromiss!
Und wenn wir uns intern einig geworden sind, muss Stadler den Zug auch noch bauen können. Die neue S7 ist kein Zug von der Stange, sondern „Tailor-made“. Auch da mussten wir uns immer wieder aufeinander einstellen und die Bedürfnisse abklären und Lösungen finden.
Schweissarbeiten an einer Bodenplatte
Wie habt ihr Prioritäten gesetzt?
Es gab immer wieder Kompromisse zwischen Stadler, den Zulieferern und dem RBS. Unser ursprünglicher Entwurf war natürlich sehr auf die Bedürfnisse der Fahrgäste fokussiert. Der erste Entwurf von Stadler war sehr technisch und hat überdurchschnittlich viel Wert auf genügend Platz für die Instandhaltung gelegt. Deshalb mussten wir da etwas korrigieren. Beim NExT sind wir aber meiner Meinung nach mit dem Fahrgastplatz und Designansprüchen sehr weit gegangen, womit der Platz und die Zugänglichkeiten für die Instandhaltung etwas gelitten haben. Diesen Fehler wollten wir nicht wiederholen. Ich denke, es ist uns gelungen, die Fahrgast-Ansprüche, ein schickes Design und genügend Platz für die Instandhaltung in der neuen S7 unterzubringen.
Ein gutes Beispiel ist der Countdown an den Türen. Den wollten wir unbedingt, es gab aber beim Lieferanten noch keine zufriedenstellende technische Lösung. Deshalb wird es jetzt eine Neuentwicklung geben. Damit gehen wir auch ein gewisses Risiko ein.
Platz für Türen mit Countdown.
Was folgt jetzt?
Das nächste grosse Ereignis wird die Lieferung des ersten Fahrzeuges im Sommer sein. Stadler liefert ihn uns quasi schlüsselfertig an. Dann haben wir ein halbes Jahr Testfahrten für die Zulassung vor uns und dann Ende 2018 die erste Fahrgastfahrt.
Ein Wagenkasten von aussen.
Wie war der Einbezug der Lokführer?
Unsere Lokführer waren schon beim Pflichtenheft mit dabei. Im letzten Jahr waren wir dann zweimal mit Ihnen in Bussnang und haben die Maquette begutachtet. Da kamen viele gute Inputs.
Der Wagenkasten von vorne.
Wer darf den Zug eigentlich als Erstes fahren? Bist du selbst ausgebildet?
Ich selbst darf nicht fahren. Wir haben eine Gruppe von Lokführerinnen und Lokführern, die Instandsetzung begleiten und auch die ersten Fahrten absolvieren werden. An sie werden besondere Anforderungen gestellt. Wir werden viel in der Nacht unterwegs sein und auch technisch ist das nicht immer einfach. Unser Stützpunkt wird in Worb sein, da wird sich auch Stadler während der zweiten Jahreshälfte einrichten. Und von dort aus werden wir regelmässige Testfahrten machen. Auch auf der Strecke Bern–Solothurn, weil wir dort etwas mehr Platz im Fahrplan haben.
Wie hast du deine Zeit in den letzten Jahren aufgeteilt?
Wir hatten einmal monatlich eine Bausitzung, meistens in Bussnang. Das waren dann schon lange Tage, in die wir jeweils viel reingepackt haben, was wir dann später abgearbeitet haben. Auch intern mussten wir uns gut abstimmen, damit wir alle Ansprüche kompakt einbringen konnten. Und gleichzeitig arbeite ich noch an anderen Themen und Projekten, die ebenfalls bearbeitet werden müssen.
Der Blick nach Innen.
Du hast ja eine kleine Tochter, Maya, wie hast du Familienleben und Projektleitung unter einen Hut gebracht?
Ja, sie ist jetzt eineinhalb. Ich habe mir die Abende und die Wochenende bewusst freigehalten und Arbeiten wenn nötig verschoben. Von Stadler kam dann schon manchmal der Wunsch, dass sie einige Dinge gerne etwas früher erhalten hätten. Aber auf das Projekt insgesamt hatte das keine Auswirkungen oder gar Verzögerungen.
Jetzt hat der Bau begonnen. Wann war der Moment, als du zum ersten Mal das Gefühl hattest, das ist jetzt der Zug?
Das war schon Ende letzten Jahres, als die ersten Bodenplatten zusammengeschweisst wurden. Bis dahin war alles immer nur auf dem Papier. Ich arbeite ja schon seit fast vier Jahren an dem Projekt.
Hier stehen sie selbst im neuen Zug. Unser 360°-Innenpanorama der neuen S7 im Stadlerwerk in Bussnang.
Wann ist das Projekt für dich abgeschlossen?
Nach der Lieferung des letzten Fahrzeuges haben wir noch eine Garantie von 3 Jahren. Die Garantie-Fälle werden dann aber immer mehr von den Depots abgewickelt werden. Wirklich zu Ende ist das Projekt für mich dann also nach ca. acht Jahren gegen 2022.
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Kommentare
Bitte die Inbetriebsetzung und die Abnahme mit dem Bundesamt für Verkehr BAV sofort angehen damit die Fahrgäste endlich auch auf der S7 aufatmen können! In vier Monaten ist Dezember - wir verschmachten jetzt!